Fallbeispiel "Zehenspitzengang"

proprio SOLE für Kinder und Jugendliche

Proprio­zep­tive Einlagen­versorgung im Falle eines Zehenspitzengangs

Propriozeptive Einlagen stellen ein zielführendes und kostengünstiges Therapeutikum zur Beseitigung von funktionellen Schmerzsyndromen und Fehlstellungen bei Kindern und Jugendlichen dar. Hierzu gehört die Gangvariante des sogenannten habituellen Zehenspitzengangs, bei dem häufig eine geringe bis keine Fersenbelastung im Gang stattfindet. Dies kann weitergehende Beschwerden zur Folge haben. Sensomotorische Einlagen können dabei helfen, die Wadenmuskulatur, die für die Beweglichkeit des Sprunggelenks essentiell ist, nachhaltig zu entspannen und so zu einem normalisierten Gangbild beizutragen.

Zehenspitzengang

Bei einem Zehenspitzengang handelt es sich um eine Gangvariante, bei welcher die Ferse hochsteht, das heißt wenig bis keinen Bodenkontakt in den Stützphasen des Fußes im Gang aufweist. Er stellt die Fortbewegung bei der Fußfehlstellung Spitzfuß dar.

Hierbei unterscheidet man den habituellen, auch idiopathischen Spitzfuß und den neurogenen, oft spastischen Spitzfuß. Personen mit einem habituellen (gewohnheitsmäßig) / idiopathischen (Ursache nicht bekannt) Spitzfuß laufen zwar meistens auf Zehenspitzen, sind aber in der Lage, auf dem ganzen Fuß zu stehen und mit normaler Abrollbewegung zu laufen. Beim neurologisch bedingten, spastischen Spitzfuß ist dies nicht möglich.

Fallbeispiel Zehenspitzengang

Fallbeispiel der Akademie für Sensomotorik & Biomechanik

Eine zeitgemäße Einlagenversorgung in Form von Propriozeptiveinlagen hat sich in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten praktisch äußerst bewährt. Insbesondere bei dem Vorliegen eines habituellen Zehenspitzengangs, bei welchem die Ferse nur wenig bis keinen Kontakt im Gang erhält. Häufig geht als funktionelle Ursache eine schwach gedehnte Wadenmuskulatur voraus, deren Folge eine verstärkte wie auch verfrühte Plantarflexion im oberen Sprunggelenk herbeiführt.

Afferenz-stimulierend wirkende Einlagen können über gezielte Elemente im Bereich des Mittel- und Vorfußes einen detonisierenden Effekt auf den zweiköpfigen Wadenmuskel (M. gastrocnemius) sowie tieferliegenden Schollenmuskel (M. soleus) haben. Hier dienen der Verlauf der Muskelsehnenstrukturen der Unterschenkel- und Fußmuskulatur sowie die Plantarfaszie als maßgebliche Ansatzpunkte. Durch die gezielte Dehnung dieser Strukturen im Gangzyklus über das Element der retrokapitalen Abstützung sowie des Zehenstegs wird im Nervensystem eine Gegenreaktion zum Dehnungsreiz im Sinne einer Entspannung der anvisierten Strukturen herbeigeführt. Durch die enge Kopplung von Plantarfaszie und Achillessehne sind hierbei positive Effekte auf die Spannungsregulation der rückwärtig gelegenen Beinmuskeln zu erwarten, zu welchen die Wadenmuskulatur, die faszial wiederum eng mit der Plantarfaszie gekoppelt ist, zählt.

Der im Fallbeispiel dargestellte Proband wurde erstmals im November 2021 im Rahmen eines Seminars zum Thema Sensomotorik bei Kindern und Jugendlichen vorstellig. Neben Haltungsschwächen, die weiterhin gegeben sind, bestand eine geringe Fersenbelastung links im Stand, ein verfrühtes Fersenabheben im Gang beidseits sowie eine deutliche Knickfußstellung.
Nach intensiver Gang-, Haltungs- und Muskelfunktionsanalyse wurde 2021 erstmalig eine proprio-Einlage für den jungen Probanden angefertigt. Nach zwischenzeitlicher Erneuerung der Versorgung und 15-monatiger Tragezeit wurde er erneut in der Akademie vorstellig. Neben einer sensomotorischen Einlagenversorgung, die abermals an das aktuelle Bewegungsprofil angepasst wurde, wurde eine Innenranderschöhung im Schuh ergänzt, um die Eversion der Ferse und Überpronation des Mittelfußes in den Stützphasen zu stabilisieren. Das Ergebnis: eine deutliche verbesserte, stabilere Rückfußstellung im Gang bei gleichzeitig verbesserter Fersenbelastung in den Stützphasen des Fußes. Eine gute Lastaufnahme und Abrollbewegung des Fußes tragen wiederum erkennbar zu einem sichereren Gang und zu einer aufrechteren Körperhaltung bei.

Ergebnisse

Der Vergleich der Fußaufnahmen bei der 15-monatigen Tragezeit der sensomotorischen Einlagen zeigt deutliche Veränderungen der Lastverteilung auf. Insbesondere die verbesserte Fersenstellung links ist als äußerst positiv zu werten. Eine flächigere Fußbelastung führt zu mehr Sicherheit und einem verbesserten Abrollprofil im Gang.

Fazit

Die Entwicklung des Seminarprobanden ist im Hinblick auf dessen Gangbefund und Haltungskontrolle als äußerst positiv zu werten. Durch die Innenranderhöhung am Schuh und die sensomotorische Einlage konnte in der Akademie 2023 unmittelbar eine Stabilisation des Rückfußes bei gleichzeitig verbessertem Fersenkontakt festgestellt werden. Dies führte in der Folge zu einem ökonomischeren und selbstbewussteren Gangbild. Das intensive Tragen von sensomotorischen Einlagen sowie regelmäßige haltungsindizierte Übungsprogramme, die Sie auch in der Rubrik Training@Home finden, sollten durch den Probanden umgesetzt werden, um weitere Verbesserungen erzielen zu können.